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Kommentar zum „Deubel-Urteil"

Welche Auswirkungen hat das Urteil für die Kommunalpolitik? Kann eine fehlende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung Kommunalpolitikern zum Verhängnis werden?

Der ehemalige rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) habe „[…] schwerwiegend gegen das Prinzip der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen.“, so aus der Begründung der Wirtschaftsstrafkammer des Koblenzer Landgerichts. Damit habe Deubel ihm anvertrautes Landesvermögen pflichtwidrig gefährdet und ohne rechtliche Grundlage ausgegeben. Dieses Urteil ist an Deutlichkeit kaum zu überbieten. Doch was bedeutet das Urteil in Bezug auf kommunales Handeln? Kann eine fehlende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auch Kommunalpolitikern zum Verhängnis werden?
Fest steht, der gescheiterten Finanzierung des Nürburgring-Ausbaus fehlte eine umfassende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Diese ist gegeben, wird vor Beschluss einer Investition durch Vergleich von Anschaffungs-, Herstellungs- und Folgekosten eine wirtschaftlichste Lösung ermittelt. Dies zumindest verlangen schon jetzt sämtliche deutschen Haushalts- und Kassenverordnungen. Zudem sind auch nach den Kommunalverfassungen Beschlüsse der Kommunalparlamente vom Hauptverwaltungsbeamten zu beanstanden, wenn diese rechtswidrig sind. Die Landesgesetzgeber verlangen sogar einheitlich eine „unverzügliche Beanstandung“ entsprechender Beschlüsse bei fehlender Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Nach kommunalem Haushaltsrecht hätte Herr Deubel handeln müssen. Hätte der Finanzminister vor seiner Investitionsentscheidung die Kostenbestandteile mittels einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung transparent offengelegt, wären ihm und allen Beteiligten in der Verwaltung bereits frühzeitig die finanziellen Gefahren des Investitionsvorhabens aufgefallen. Sicher, eine Planung ist nie perfekt. Selbst unter Berücksichtigung etwaiger Risikoaufschläge kann man die Zukunft nur bedingt voraussehen. Doch Perfektion wird nicht verlangt. Das Instrument der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung dient lediglich der „sorgfältigen“ Schätzung der zu erwartenden Gesamtkosten sowie der Ausweisung haushaltsrelevanter Auswirkungen der Investition. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Nun liegt es im Wesen einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, dass sie recht komplex werden kann. Insbesondere bei Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe. Doch auch für diesen Fall hat der Gesetzgeber vorgesorgt, in dem er Entscheidungsträgern Hilfsmittel an die Hand gegeben hat. So stellt das Bundesverwaltungsamt kostenfrei eine Software für Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zur Verfügung, einige Bundesländer haben inzwischen hilfreiche Leitfäden verfasst. Das IPM war an der Erstellung eines Leitfadens zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen im bundesbehördlichen Bereich (WiBe-Fachkonzept WiBe 4.1) beteiligt. Darüber hinaus hat das IPM die kostenfreie Kalkulationssoftware WiBe-Kalkulator um kommunalspezifische Kriterienkataloge ergänzt, so dass Kommunen auch ihre spezifischen Investitionsbereiche wie Hochbau und Tiefbau betrachten können.
Immer wieder können wir in unseren Projekten beobachten: Richtig vermittelt, nehmen Kommunen sich der Thematik gerne an. Bauämter und Bedarfsträger liefern das fachliche Knowhow und die Kämmereien unterstützen die Datenaufbereitung in der Kalkulation. Auch ein schwieriges Thema lässt sich einfach abarbeiten, ist es richtig organisiert.
In Rheinland-Pfalz jedenfalls wirkte das Nürburgring-Debakel nach: Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) will künftig „mehr Kontrolle und Transparenz“ bei Investitionsprojekten sicherstellen und installiert dazu fürs Land einen „Wirtschaftlichkeitsbeauftragten“.