(Stand 19.April 2023)
Das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (OZG) verpflichtet Bund, Länder und Kommunen bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen digital anzubieten. So steht es am 17. April 2023 noch auf der Startseite der OZG Informationsplattform (https://informationsplattform.ozg-umsetzung.de/iNG/app/intro).
Augenscheinlich kann festgestellt werden, dass dieses Ziel klar verfehlt wurde. Auch wenn der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes sowie weitere Vorschriften (OZG-ÄndG) des BMI dies etwas positiver formulieren, ist die Tatsache, dass ein OZG-ÄndG notwendig ist, Ansatzpunkt genug für das vermutete Scheitern.
Zurzeit ringen verschiedenste Beteiligte um unsere Digitalisierungszukunft und den Weg dahin. Nachfolgend soll der aktuelle Stand der Diskussion kurz dargestellt werden, ohne dabei den Anspruch auf Vollständigkeit zu haben.
Was sieht der Gesetzentwurf vor?
Der Gesetzentwurf sieht u.a. folgende Maßnahmen vor, die dazu beitragen sollen, den digitalen Transformationsprozess der öffentlichen Verwaltung doch noch zu meistern:
- Anstelle der OZG-Umsetzungsfrist, tritt eine noch näher zu bestimmende thematische Schwerpunktsetzung §§ 1a, 12 OZG.
- Der Bund stellt zentrale Basisdienste bereit und ersetzt damit landeseigene Entwicklungen (§§ 3, 13 OZG). In erster Linie beziehen sich die Ausführungen auf das Bürgerkonto und das Postfach. Eine Anbindung einer zentralen Zahlungskomponente wäre jedoch aus bspw. der Sicht der Vitako eine sinnvolle Ergänzung.
- Das einheitliche Organisationskonto erhält Rechtssicherheit und wird verbindlich (§ 3 Absatz 2, 3 OZG).
Diese und weitere Änderungen, die auf der Webseite des BMI (Bundesministeriums des Innern und für Heimat) nachgelesen werden können, sind aus Sicht anderer Interessensgruppen unzureichend. Neben der Vitako (Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e.V.) sind dies auch die KGSt (Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement), der Bitkom e.V. (Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche), der Databund (Verband der mittelständischen IT-Dienstleister und Softwarehersteller für den öffentlichen Sektor e.V.) und der DStGB (Deutscher Städte- und Gemeindebund).
Wie sieht es die Vitako?
Die Vitako fordert u.a. nicht nur eine reine Weiterentwicklung des OZG (Onlinezugangsgesetz), sondern eine stärkere Verzahnung mit dem VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz) und sogar dessen Ablösung durch ein Verwaltungsdigitalisierungsgesetz. Diese Forderung spiegelt auch die Realität einzelner Behörden wieder, die den vom Bürger mühsam erstellten Onlineantrag vor der Bearbeitung ausdrucken. Was in der Regel bedeutet, dass Digitalisierung eher zu Mehraufwand als zu Einsparungen führt.
Bei der thematischen Schwerpunktsetzung sieht die Vitako den Fokus bei Verwaltungsleistungen mit einem tatsächlichen Nutzen für Bürger, Unternehmen und Verwaltung. Hier sollten die Top 10 von Ende-zu-Ende-digitalisiert werden. Der Fokus sollte klar auf den kommunalen Leistungen wie Gewerbe, Melde-, Personenstandswesen liegen, die über 80 Prozent der Verwaltungsverfahren ausmachten.
Um die Kommunen zu motivieren schlägt die Vitako eine Finanzierung über einen Grundbetrag und einen digitalisierungsgradabhängigen variablen Anteil in Abhängigkeit der Einwohner vor (5€ + bis 10€ je Einwohner/a). Mit dieser Idee könnte sich sicherlich auch der Databund anfreunden, der in seiner Stellungnahme eher auf die Dezentralisierung der Lösungsentscheidung und den Wettbewerb setzt. Seiner Meinung nach, sollten an den Stellen, an denen es zwingend notwendig ist, zentrale Komponenten zentral entwickelt und bereitgestellt werden. In allen anderen Bereichen sollte die Innovationskraft der kommunalen Fachverfahrensanbieter und des kommunalen Wettbewerbs genutzt werden. Dazu müssen aber in erster Linie verbindliche Schnittstellenstandards rechtzeitig vorgegeben werden, um eine durchgehende Digitalisierung und Anbindung an Landesportale zu ermöglichen.
Was sagen die Landesregierungen zu der OZG-Novelle?
Auch auf der Seite der Landesregierungen ist der Referentenentwurf nicht unumstritten. So kommentiert Schleswig-Holsteins Digitalisierungsminister Dirk Schrödter „Der nun vorgelegte Entwurf … ist zu zaghaft und unterambitioniert.“ In einer Stellungnahme zum Entwurf der OZG-Novelle fordert die schleswig-holsteinische Landesregierung unter anderem, künftig alle Verwaltungsverfahren standardmäßig digital anzubieten sowie i.d.R. Bürger und Organisationen zu deren Nutzung weitestgehend zu verpflichten. Dazu sollte die Abschaffung von Schriftformerfordernissen, in der Novelle verankert werden und auf andere Gesetze durchwirken.
Kleines Fazit:
Im Großen und Ganzen können die Äußerungen vermuten lassen, dass erst einmal die Anzahl der zu digitalisierenden Leistungen reduziert werden könnten. Ebenso könnte angestrebt werden, die gesamten Prozesse dieser Leistungen durchgehend zu digitalisieren, um dadurch reale Einspareffekte zu realisieren. Spannend bleibt die Frage, ob am Ende mit zentralen, zum Teil neu entwickelten Anwendungen die (Efa-)Leistungen zentral (bspw. über Landes IT-Dienstleistern ) erbracht werden oder ob die bisherigen Fachverfahren in den kommunalen Wettbewerb treten. Damit ist sicherlich auch die Frage verbunden, wie die Digitalisierungsförderung ausgestaltet werden wird.
Zwei Punkte hingegen scheinen in der aktuellen Diskussion als ziemlich wahrscheinlich. Zum einen wird es eine zentrale Zugangslösung (Bürger- und Organisationskonto) und auch ein zentrales Postfach geben. Zum anderen muss die horizontale und vertikale Schnittstellenproblematik gelöst werden. Alles Weitere erwarten die Kommunen mit Spannung.
Quellen:
https://www.dstgb.de/themen/digitalisierung/aktuelles/ozg-2-0-wir-haben-keine-zeit-zu-verlieren/
https://www.bitkom.org/sites/main/files/2022-03/28.03.22_Bitkom_PP_Onlinezugangsgesetz.pdf
https://vitako.de/wp-content/uploads/2022/05/Vitako-Stellungnahme-OZG_final.pdf
https://databund.de/wp-content/uploads/sites/20/2023/02/DATABUND-Stellungnahme-OZGAendG-gesamt.pdf
Weitere Quelle:
Dr. Ralf Resch (Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister, Vitako in Newsletter Moderne Verwaltung vom 09.01.2023, https://www.move-online.de/meldung_40289_n, aus einem Beitrag von Kommune21 (Ausgabe Januar 2023).